»Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in 5 Jahren?« – Von Entwicklung und Glückskeksen

|

Lesedauer: 2 Minuten

Glueckskeks

Inhalt

»Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in 5 Jahren?« – Von Entwicklung und Glückskeksen

Wenn Sie mit Ihren Geschäftspartnern oder Kunden vor Kurzem chinesisch Essen waren, haben Sie sicher mit der Rechnung am Ende einen Glückskeks bekommen. Darin war ein Papierstreifen mit einem Zitat oder einer Aussage über die Zukunft.

Und vielleicht dachten Sie »Wow, das trifft genau zu, so ein Zufall«. Sie konnten sich mit dem identifizieren, was auf dem Papierstreifen stand.

Harte Ziele oder Projektionsfläche für Möglichkeiten?

Mit Maßnahmen zur Personalentwicklung kann es sich ähnlich verhalten, wie mit Glückskeksen. Da werden Mitarbeitergespräche geführt und Ziele formuliert und die Menschen im Unternehmen sollen sich damit identifizieren – irgendwie.

Und manchmal haben Feedbackgespräche und Zielvorgaben nichts mit fundierter psychologischer Diagnostik oder gar mit den Menschen zu tun, die adressiert werden sollen. Vielmehr bilden sie eine vage Projektionsfläche für Meinungen und Möglichkeiten.

Man wird, wie man gesehen wird

Das Phänomen wurde bereits Mitte der 60er-Jahre in einem Experiment des Sozialpsychologen Robert Rosenthal nachgewiesen. Seitdem wird es als Rosenthal-Effekt bezeichnet.

Der Rosenthal-Effekt tritt in Beziehungen mit ungleichen Machtverhältnissen auf, beispielsweise zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern. Gemäß dem Effekt wirken sich die Erwartungen eines Vorgesetzten direkt auf die Leistungen des Mitarbeiters aus.

Erzeugt der Vorgesetzte ein positives Arbeitsklima, leisten die Mitarbeiter herausragende Arbeit. Wird differenziertes und konstruktives Feedback gegeben, das auf greifbaren Daten aus vielfältigen Quellen beruht, wird der Effekt verstärkt.

Ist der Vorgesetzte hingegen der Ansicht, dass der Mitarbeiter nachlässig arbeitet, wird gemäß dem Rosenthal-Effekt der Mitarbeiter unbewusst so handeln, dass diese Erwartung erfüllt wird.

Fremdbeurteilung versus Selbsteinschätzung

Tatsächlich gibt es kaum stichhaltige empirische Nachweise, dass eine Fremdbeurteilung besser oder genauer ist, als eine Selbsteinschätzung. Bereits vor 2500 Jahren hat der historische Buddha festgestellt, dass unsere eigene Wahrnehmung bestimmt, was uns widerfährt.

Auf dem Papierstreifen im Glückskeks würde stehen

»Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt.«

Durch Abgleichen der Selbst- und der Fremdeinschätzung können Möglichkeiten besser erkannt werden. Ein 360-Grad-Feedback beispielsweise ist genauer, da es differenzierter ist. Es bleibt dennoch eine Summe von Meinungen und Wahrnehmungen.

Lernen durch Transformieren von Erfahrungen

Personalentwicklung kann als ein kontinuierlicher Lernprozess aller Beteiligten beschrieben werden, der das Ergänzen und Verbessern von Fähigkeiten zum Ziel hat. Das funktioniert am besten durch partnerschaftliches Miteinander auf Augenhöhe.

Personalentwicklung bekommt so eine Vermittlerfunktion. Sie fungiert als Schnittstelle zwischen den Werten und Zielen des Unternehmens und dem Leistungsvermögen der Mitarbeiter.

Sie transformiert die Summe der Erfahrungen in einen wertschöpfenden Beitrag zum Unternehmenserfolg. Wie kann das gelingen? Versuchen Sie es mit einer Perspektivenübernahme.

Die Wahrheit über Glückskekse

Lassen Sie sich nichts vormachen – wenn Sie in China in ein Restaurant gehen, warten Sie nach dem Essen vergeblich auf Glückskekse. Glückskekse sind in China weitestgehend unbekannt. Manchen Quellen zufolge kommen Glückskekse nicht aus China, sondern aus Japan.

Bekämen Sie einen Glückskeks, würde darauf stehen

»Steigst Du nicht auf die Berge, so siehst Du auch nicht in die Ferne.«

Schön, dass Glückskekse vor allem eines tun: Zum Nachdenken anregen und die Fantasie beflügeln.

 

Achten Sie bei Ihrem nächsten chinesischen Essen auf Ihren Spruch im Glückskeks.

Und wenn Sie möchten, teilen Sie den Spruch gerne unten in der Kommentarbox.

Jan-Christoph Daniel

Jan ist Facilitator, Moderator und Lernstratege mit einem Fokus auf werteorientierte Transformation.

Er unterstützt Unternehmen dabei, Nachhaltigkeit und Verantwortung in ihrer Lernkultur zu verankern. Seine Methoden verbinden Tiefgang, Praxisnähe und globale Perspektiven.
 
Jan hat mehrere Jahre in Singapur und Hongkong gelebt. Bislang durfte er 50 Länder bereisen.

Weitere Beiträge zum Thema...

Der japanische Künstler Rikuo Ueda baut feine Konstruktionen, die er dem Wind überlässt. So entstehen...

Diese spannende Frage stellt die neue Bertelsmann-Studie „Ausbildungsperspektiven 2025“. Ich persönlich glaube: erstmal Arbeiten kann...

Durch das Homeoffice entstehen neue Lebens- und Mobilitätskonzepte. Diese erweitern das klassische Arbeitsverhältnis. Jeder Ort...

Jan-Christoph Daniel

Krisen bieten eine Chance, resilienter zu werden und sich wirklich weiterzuentwickeln. Als Mensch, als Gesellschaft,...

7 Fragen für ein wirksames Lernen in internationalen Teams

Denn Lernen beginnt immer mit guten Fragen.