Erst arbeiten oder eine Ausbildung machen?

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Erst arbeiten oder eine Ausbildung machen?

Diese spannende Frage stellt die neue Bertelsmann-Studie „Ausbildungsperspektiven 2025“.

Ich persönlich glaube: erstmal Arbeiten kann ein wertvoller Einstieg sein. Doch ohne fundierte Orientierung fehlt die langfristige Perspektive, die aus einem Job auch eine erfüllende Laufbahn macht.

Was in Deutschland fehlt

Was meines Erachtens in Deutschland fehlt, sind qualifizierte Angebote zur Orientierung, die den heutigen Arbeitsmarkt wirklich abbilden:

  • Persönliche Beratung durch Menschen, die langfristige, nachhaltige Chancen auf dem Arbeitsmarkt erkennen und Kontakte zu Unternehmen und Institutionen herstellen.
  • Raum für Selbstfindung statt nur für Effizienz.
  • Strategien für Bewerbungen, die über das reine Schreiben eines Lebenslaufs hinausgehen.
  • Zugang zu Netzwerken, MentorInnen und Vorbildern.

Der Blick über den Tellerrand

Ein Blick nach Singapur zeigt, wie es anders gehen kann:

  • Spezialisierte Career Services und Career Coaches begleiten Jugendliche schon ab der Mittelstufe.
  • Die Beratung ist praxisnah, individuell und eng mit Unternehmen, Verbänden und Alumni-Netzwerken verbunden.
  • Das stärkt das Selbstvertrauen und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Stärken des dualen Systems

Das duale System ist eine große Stärke Deutschlands insofern es durch flexible, zukunftsorientierte Weiterbildung, echte Orientierung und den Mut zu Neuem ergänzt wird.

Wer sich jedoch mit 16 für einen Beruf entscheidet, hat später oft weniger Flexibilität. Und Zukunftsskills wie KI, interkulturelle Kompetenz oder Selbstführung können zu kurz kommen.

In Singapur wird Berufsorientierung viel individueller begleitet:

  • SchülerInnen haben länger Zeit, ihre Stärken zu entdecken.
  • Umschulungen und Quereinstiege sind leichter möglich.
  • Lifelong Learning wird systematisch gefördert – nicht erst, wenn Fachkräftemangel akut wird.

Um was es geht

Es geht nicht darum, deutlich mehr junge Menschen in eine Ausbildung zu bringen. Sondern ihnen Möglichkeiten und Perspektiven aufzuzeigen über die klassischen Wege hinaus. Junge Menschen brauchen starke Vorbilder und Mentor:innen, die ihnen zeigen, wie sie aus Neugier, Sinn und Verantwortung heraus den eigenen Weg gestalten.

Ein Beispiel:
Innenstädte leiden immer stärker unter dem Klimawandel. Daraus kann eine ganz neue, sinnvolle Frage entstehen:

„Wie kann ich selbst zu Lösungen für Naturschutz und Stadtklima beitragen?“

In Singapur werden dafür sogenannte ‚Urban Greening Specialists‘ ausgebildet und eingestellt. Begrünung gilt dort als systemrelevanter Beruf – staatlich gefördert, gesellschaftlich anerkannt und Teil der nationalen Klimastrategie. Wer Bäume pflanzt, Fassaden begrünt oder Biodiversität fördert, gestaltet aktiv die Zukunft.

Was braucht die Welt und wie kann ich dazu beitragen?

Diese Frage sollte am Anfang jeder Berufsorientierung stehen.

Mir selbst wurde übrigens als Teenager von der Arbeitsagentur geraten, Koch zu werden. Als Koch könnte ich die Zukunft gestalten, indem ich mit kreativen, nachhaltigen Konzepten Ernährung neu denke. Vom Zero-Waste-Prinzip über regionale Lieferketten bis hin zur Bildung für bewussteren Konsum.

Als Facilitator erlebe ich immer wieder: Es ist fehlende Orientierung, fehlende Kontakte und fehlendes Selbstvertrauen, die jungen Menschen später im Berufsleben im Weg stehen.

Lasst uns daher mehr investieren in echte Begleitung, Vernetzung und die Kunst, Stärken sichtbar zu machen.

Jan-Christoph Daniel

Jan ist Facilitator, Moderator und Lernstratege mit einem Fokus auf werteorientierte Transformation.

Er unterstützt Unternehmen dabei, Nachhaltigkeit und Verantwortung in ihrer Lernkultur zu verankern. Seine Methoden verbinden Tiefgang, Praxisnähe und globale Perspektiven.
 
Jan hat mehrere Jahre in Singapur und Hongkong gelebt. Bislang durfte er 50 Länder bereisen.

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