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Chile, Cordillera de los Andes

Über den Aufenthalt in der Höhe

18. Januar 2018

Im letzten Beitrag ging es um die Bedeutung von Höhe am Beispiel Boliviens. Was Reisende über den Aufenthalt in der Höhe wissen sollten und wie sie sich gegen die Höhenkrankheit schützen können, steht in diesem Beitrag.

Vielen Reisenden ist nicht bewusst, dass man beim Fliegen einer Höhe von bis zu 2000 Metern ausgesetzt ist. Daher gibt es einige Tipps zum Verhalten während eines Langstreckenflugs.

»Höhe« – Was ist das eigentlich?

Der Duden definiert den Begriff »Höhe« als das Maß der Ausdehnung in vertikaler Richtung beziehungsweise eine bestimmte Entfernung über der Erdoberfläche oder dem Meeresspiegel.

Der Atmosphärendruck beträgt auf Meereshöhe etwas über 1 bar. Dies wird als Nullniveau bezeichnet. Je höher wir steigen oder fliegen, desto geringer wird der Luftdruck. Mit abnehmendem Druck verringert sich auch die Dichte der Luft.

Mallorca, Torre del Verger

Die Luft wird dünner

»Der Volksmund sagt, dass in großen Höhen die Luft dünner wird. Deswegen bekomme man weniger Sauerstoff ab. Das ist aber gar nicht so“, stellt Stephan Erdmann, der Geschäftsführer des Höhenzentrums NRW fest. „Auf dem Mount Everest enthält die Luft den gleichen Sauerstoffgehalt wie im flachen Land.«

Stephan Erdmann erklärt:

»Was bei zunehmender Höhe tatsächlich weniger wird, ist der Luftdruck. Dadurch sind die Sauerstoffteilchen lockerer verteilt und die Fähigkeit, Sauerstoff aufzunehmen wird geringer. Wir nehmen also in der Höhe weniger Sauerstoff auf wegen des geringeren Drucks, nicht weil weniger Sauerstoff vorhanden ist.«

Die Gefahr einer Höhenkrankheit besteht bereits ab einer Höhe von 2500 Metern. Auf der Zugspitze mit einer Höhe von 2962 Metern geht der Druck schon um fast ein Drittel zurück. Auf dem Mount Everest (8848 m) beträgt der Druck nur noch etwa ein Drittel der Luftdichte auf Meereshöhe. Das bedeutet, das man auf dem Mount Everest bei jedem Atemzug nur noch ein Drittel der Luftmenge zur Verfügung hat, die man auf Meereshöhe gewohnt ist. Das ist bereits weit in der sogenannten »Todeszone«.

Symptome der Höhenkrankheit

Dr. Wiebke Warnken, die im Bewegungsfelder-Team für Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung zuständig ist, erklärt:

»Das Risiko einer Höhenerkrankung besteht bereits ab einer Höhe von 2500 Metern. Symptome einer Höhenkrankheit treten typischerweise mit einer Verzögerung von sechs bis 48 Stunden auf.«

Anhaltende, starke Kopfschmerzen, Husten, Erbrechen und Schwindelgefühle können erste Anzeichen einer Höhenkrankheit sein. Bei einer Höhe von über 3000 Metern kann es zu Schlafstörungen und beschleunigter Atmung, sogenannter Hyperventilation, kommen. In drastischen Fällen fangen Menschen sogar an zu halluzinieren und es kann ein Zustand völliger Erschöpfung eintreten. Große Höhen beeinträchtigen außerdem die Entscheidungsfindung und die Objektivität. Das Gehirn funktioniert weniger gut bei verminderter Sauerstoffzufuhr.

Besonders zwischen Höhen von 3000 und 5000 Metern und bei sehr schnellem Höhenaufstieg ist größte Vorsicht geboten. In extremer Höhe kann sich in der Lunge Wasser ansammeln (Höhenlungenödem) oder Flüssigkeiten im Gehirn ablagern (Höhenhirnödem). Bei 5500 Metern Höhe ist die genetische Grenze des Menschen erreicht und es besteht akute Lebensgefahr.

Exkurs – Verhaltenstipps während eines Langstreckenflugs

Stephan Erdmann stellt fest, dass Vielflieger meist besser an Höhe angepasst sind, als Menschen die kaum fliegen.

»Wer sich immer wieder Höhenreizen aussetzt, kann sich meist schneller akklimatisieren und an große Höhen gewöhnen.«

Auf einem Langstreckenflug beispielsweise mit dem A 380 befinden sich die Passagiere auf einer Höhe von bis zu 13 Kilometern. Der Kabinendruck entspricht ungefähr dem Luftdruck auf einer Höhe von 2000 Metern. Die Luft in der Kabine wird beim A 380 etwa alle drei Minuten komplett durch Frischluft ersetzt.

Anflug auf Arequipa in Peru mit Blick auf den vulkanischen Berg Misti

Durch die Höhe steigt die Atemfrequenz, was dazu führt, dass das im Körper gespeicherte Wasser schneller verdunstet. Um während eines Langstreckenflugs gesundheitlichen Problemen vorzubeugen, sollte man daher viel trinken. Stilles Wasser ist ideal. Alkohol ist tabu.

Bewegung ist für die Blutzirkulation wichtig, daher ist regelmäßiges Aufstehen wichtig. Es empfiehlt sich außerdem, locker sitzende Kleidung zu tragen. Kompressionsstrümpfe können zusätzlich helfen, ein Anschwellen der Beine zu verhindern. Noise Cancelling Kopfhörer sorgen für eine Eindämmung der Fluggeräusche und einen gesunden Schlaf.

Tipps zur Verhinderung der Höhenkrankheit

Was geschieht, wenn Reisende nach einem Langstreckenflug aus dem Flugzeug aussteigen und in großer Höhe landen, wie beispielsweise in La Paz auf 4000 Metern Höhe?

Wiebke Warnken erläutert:

»Der Körper reagiert bereits innerhalb von Sekunden nach dem Ausstieg. Er merkt, dass sich etwas verändert hat und leitet die Phase der Adaption ein. Die unmittelbare Reaktion ist ein Anstieg der Herzfrequenz und die Ausschüttung von Stresshormonen. Wir atmen schneller ein, um den geringeren Luftdruck zu kompensieren. Die Lungen müssen stärker belüftet werden, sodass der Körper genügend Sauerstoff bekommt. Dies wird als Ventilation bezeichnet.«

Chile, Patagonia, Puerto Rio Tranquilo

»Das beste Mittel gegen die Höhenkrankheit ist eine langsame Anpassung«, sagt Wiebke Warnken. Bergsteiger sollten nicht mehr als 500 bis 600 Meter pro Tag aufsteigen. Der Körper kann sich Schritt für Schritt an Höhe anpassen, indem er mehr rote Blutkörperchen bildet. Diese langfristige Anpassung wird als Akklimatisation bezeichnet.

Eine vollständige Akklimatisierung wird begünstigt, wenn man sich für 7 Tage auf mindestens 1700 Meter Höhe aufhält. Dann ist man sehr gut akklimatisiert. Wenn dies zeitlich nicht möglich ist, sollte man sich bereits vor der Abreise über die Akklimatisierung Gedanken machen.

Chile, Patagonia, Cerro Castillo, 2675 Höhenmeter

Ideal auf die Höhe vorbereitet

Für die individuelle Höhentauglichkeit sind ausschließlich genetische Faktoren verantwortlich. Ein spezieller Test ermöglicht eine Beurteilung der Höhenverträglichkeit und zeigt, ob jemand zur Höhenkrankheit neigt.

Ein individuell zugeschnittenes Höhentraining bereitet ideal auf den Aufenthalt in der Höhe vor. Die technische Basis für ein Höhentraining bilden Generatoren, die aus der normalen Umgebungsluft die Sauerstoffanteile filtern und sie mit Stickstoffanteilen anreichern. Dieser Vorgang ermöglicht es, sowohl in Atemmasken, als auch in speziellen Kammern, Höhenluft zu simulieren.

Zur Vorbereitung eines Aufenthalts in großen Höhen sollte unbedingt auch das Aufsuchen eines Höhenmediziners gehören. Schließlich soll die Reise in große Höhen nicht in einem Notabstieg enden. Denn bei akuten Symptomen der Höhenkrankheit hilft oftmals nur ein Absteigen auf tiefere Höhen.

 

Text: Jan-Christoph Daniel

Dieser Beitrag basiert auf einem Interview mit der Biologin Dr. Wiebke Warnken und Stephan Erdmann, dem Geschäftsführer von bewegungsfelder.

Das Interview führte Jan-Christoph Daniel im Dezember 2017.

 

Quellen

bewegungsfelder GmbH – Präventions- und Höhenzentrum NRW

A380 – Technische Daten (Emirates)

Dudenverlag – duden.de

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