Singapur – ein Name der Verheißung, ein Stadtstaat, der viele Assoziationen hervorruft. Der Status als Handelsstützpunkt zwischen der östlichen und der westlichen Welt reicht weit in die Geschichte Singapurs zurück. Konsumgüter und Dienstleistungen sind bis heute die Lebensader des Stadtstaates.
Viele Besucher kennen Singapur vor allem als Shopping-Paradies. Eine schier endlose Palette von Konsumgütern wartet auf den Besucher. Ob Luxusmarken oder die neuesten Elektronikartikel – es gibt kaum etwas, was man in Singapur nicht finden kann. Laut Statistiken des Singapore Tourism Boards bleibt der durchschnittliche Besucher (leider) nur 3-4 Tage und sieht vor allem die glänzenden Malls der Orchard Road und der Marina Bay.
In seinem wunderbaren Buch Life is not complete without shopping schreibt der Soziologe Chua Beng Huat: »The rapid expansion of spaces for consumption – entertainment, fashion and food – in Singapore since the late 1960s has been phenomenal. Since the mid-1980s, Singapore often appears as one continuous shopping centre to foreign visitors; shopping and food register deeply in the memory of all who visit«.*
Im Laufe der vergangenen vier Jahrzehnte haben sich Singaporeans an einen stetig steigenden Grad des Konsumierens gewöhnt. Nach den Erkenntnissen von Chua Beng Huat ist dies sogar einer der Hauptgründe, warum sich die Regierung seit der Unabhängigkeit Singapurs im Jahr 1965 mit nur einer Partei legitimieren kann. Die People’s Action Party (PAP) liefere sozusagen die Güter, die die Gesellschaft am Laufen hält.
Das Phänomen des ständigen Konsumierens fand in den vergangenen Jahren Ausdruck in lokal produzierten Filmperlen wie beispielsweise Gone Shopping von Wee Li Lin und Singapore Dreaming von Colin Goh und Woo Yen. Beide Filme thematisieren auf beeindruckende Art und Weise das Streben nach einem besseren Leben und die harte Realität des Alltags.
Das Bildungssystem in Singapur wird häufig als eines der besten der Welt bezeichnet. Im letzten Zyklus der PISA Studie 2012 kam Singapur in Mathematik im weltweiten Vergleich auf Platz 2 dicht nach Shanghai. In den Naturwissenschaften und in der Lesekompetenz war Singapur auf Platz 3 nach Hongkong.
Ziel der PISA-Studie ist es, berufsrelevante Fähigkeiten zu messen und vergleichbar zu machen. Untersucht werden dabei die Bereiche Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz. Deutschland ist beispielsweise im Bereich Lesekompetenz im internationalen Vergleich nur auf Platz 19.
Es wurde in den deutschen Medien viel diskutiert, was die Gründe für das herausragende Bildungsniveau in den ostasiatischen Ländern sein könnten. Aus eigener Erfahrung des Unterrichtens in Singapur und Hongkong kann ich eine simple Antwort geben: Asiatische Studenten tendieren dazu, mehr Zeit und Mühe in ihr Studium zu investieren als ihre deutschen Kommilitonen. Sie arbeiten einfach härter.
Doch woher kommt das? Die Gründe dafür sind vielschichtig. Es lohnt sich, einen kleinen Exkurs in das konfuzianische Wertesystem zu unternehmen und den Versuch zu wagen, eine »asiatische Perspektive« auf Bildung einzunehmen.
Der Konfuzianismus prägt seit Jahrhunderten die chinesische Kultur und beeinflusst bis heute das Bildungssystem und den Geschäftsalltag in Singapur und anderen Ländern Asiens.
Eine der Grundprinzipien der konfuzianischen Lehre ist die Stabilität der Gesellschaft, die durch wechselseitige Verpflichtungen in zwischenmenschlichen Beziehungen gekennzeichnet ist. Ein Mensch ist demnach nicht in erster Linie ein Individuum, sondern immer ein Mitglied einer sozialen Gemeinschaft.